Seiten

Sonntag, 14. Dezember 2014

Das Ende der Angst - Erwachen ins Jetzt

Was ist Angst? Wie entsteht sie? Ist ein Leben ohne Angst möglich? Wir alle kennen unzählige Ängste: vor dem Tod, vor dem Leben, vor dem Bekannten und Unbekannten, vor schlechten Erfahrungen, vor Schmerz, vor dem Versagen, vor Bloßstellung, vor anderen, vor uns selbst, vor Verlust - egal ob von materiellem Besitz oder geistigem, wie Überzeugungen und Glaubensmustern. Könnten wir uns jemals komplett davon befreien? Ich habe nachgesehen was einige Lehrer darüber sagen.

Der Mythos von der sinnvollen Angst 

Über seine Ängste will niemand gerne reden. Leichter fällt da eine Aussage wie: "Angst ist ja letztlich doch gut und wichtig, die Evolution hat das so eingerichtet." Es ist ja eine Mode, alles mögliche durch die Evolutionstheorie zu begründen, und dadurch den Sinn herzuleiten. Das verleitet dazu, die Sinnhaftigkeit nicht weiter zu hinterfragen.

Warum greift das aber zu kurz? Nur ein verschwindender Anteil unserer Ängste sind die natürliche Reaktion auf eine konkrete, unmittelbare Gefahr. Der überwiegende Anteil sind - wie es Eckhart Tolle nennt - "psychologische" Ängste, die von unserem modernen, hochaktiven Verstand erzeugt werden, weil er ständig durch Vergangenheit und Zukunft wandert und sich dabei schlimme Szenarien zusammenbraut. Oder wie Seth es ausdrückte: die Katze hat nur Angst wenn direkte Gefahr droht, während der Mensch ständig an den "bösen Hund" vier Blöcke weiter denkt, egal ob der in der Nähe, auf Urlaub oder angebunden ist.

Und meist können wir diese Ängste und Sorgen nicht kontrollieren. Das steigert sich zu chronischen Angstzuständen, Sorgen und Unruhe, Depressionen, Burnout, Neurosen, Phobien, etc. ... alles Erscheinungen, die der Urzeitmensch nicht kannte. Wenn wir jetzt unsere ständigen Ängste durch die ein, zwei "Säbelzahntiger-Situation" die wir im ganzen Leben haben, rechtfertigen, ist das nicht sehr verhältnismäßig, und wir lügen uns dann in die Tasche.

Heute ist meist nicht unser Leben bedroht, sondern unser Ego - unser falsches Selbstbild, das wir uns gedanklich aus Urteilen und Bewertungen zusammengeschustert haben.

Die erste wichtige Erkenntnis: Ängste werden vom Verstand erzeugt

Je stärker unser Verstand ausgeprägt ist, und je stärker wir uns mit ihm identifizieren, desto größer sind potentiell unsere Ängste (Verstand und Angst sind direkt proportional zueinander.). Er ist eine Angst-Produzier-Maschine. Das ist die Schattenseite unseres Intellektes. Wenn wir glauben, der Verstand zu sein, dann sind wir seinen "Ergüssen" ausgeliefert, und haben keine Möglichkeit, uns über die Ebene der Ängste zu erheben.

"Der Verstand selbst ist die Angst"
- J. Krishnamurti (Q)

Ihr glaubt dass euer Verstand eines wäre,
und eure Emotionen etwas anderes. 
Aber sie sind das selbe. 
- Adamus, next series, shoud 8

Ängste, wie alle Emotionen (im Gegensatz zu wahren Gefühlen) sind "falsch"

Wie heißt es so schön: Emotionen sind der plumpe Versuch des Verstandes, wahre Gefühle nachzuahmen.
Ich freue mich auf die Zeit wenn ihr über eure Emotionen hinaus geht. Es ist nicht so, dass ihr dann herzlos oder lieblos wärt. Denn noch einmal, Emotionen werden im Verstand erzeugt, nicht von der Seele, nicht vom Herz. Wenn ihr das zu verstehen beginnt, dann werdet ihr sehen wie falsch, künstlich und extrem energieraubend Emotionen sind. 
Adamus, the next series, shoud 11
Es gibt keine Emotionen ohne den Verstand. Das Gehirn erschafft Emotionen - schmerzhafte Emotionen - aber das sind keine echten Gefühle. Das ist nicht echtes Bewusstsein.
- Adamus, the next series, shoud 11

Über die Ängste hinausgehen heisst also auch über den konditionierten Verstand hinausgehen, der aus abertausenden, oft negativen und falschen Gedanken geprägt und geformt wurde. Nicht weil der Verstand etwas schlechtes wäre. Im Gegenteil, es geht darum ihn effizient benutzen zu können, und nur wofür und wann wir wollen. Das geht aber nicht, wenn wir selbst in ihm feststecken. Das wäre, als wollte man eine Waschmaschine bedienen, während man selbst in der Waschmaschine sitzt. Um Angst zu verstehen muss man also auch einiges über den Verstand wissen:

Der Verstand existiert nur in Vergangenheit und Zukunft

Was kann der Verstand? Er kann selbst nicht mehr, als im Gedächtnis nachzuschlagen, wie in einem Katalog, um zu sehen ob aus der Vergangenheit bewährte Lösungen bekannt sind. Er kann prinzipiell nur Altes verwalten, kombinieren und Szenarien in die Zukunft projizieren. Er besitzt selbst keine Kreativität, kann nie frisch und lebendig handeln.

Der Verstand existiert nie im Jetzt 
- Eckhart Tolle

Wenn er keine Lösung parat hat - oder ohnehin schnell auf eine abgespeicherte Information wie "Das ist ausweglos" oder "Ich kann das nicht" stößt - überflutet er uns mit Angt. Und wenn sie stark genug ist, kann sie den Effekt haben, uns ins Jetzt zu katapultieren, wo diese Glaubensmuster nicht existieren, und wo wir spontan und situationsabhängig reagieren sollen. So gesehen ist es der Versuch des Verstandes, sich aus sich selbst zu befreien. Ob das von Erfolg gekrönt ist, hängt wohl davon ab, ob wir uns irgendwann in den Moment fallen lassen, oder uns weiter kontrollierend im Verstand festkrallen. Solche Angst fordert uns (auf unangenehme Weise) auf, wahrhaftig zu leben, und nicht auf Basis von abgespeicherten Daten.
Erinnerungen, Erfahrungen und Wissen sind der Hintergrund, aus dem die Gedanken entstehen. Gedanken sind daher immer alt, und können nie frei sein, denn sie sind an die Vergangenheit gebunden und können nie Neues sehen. Wenn ich das völlig verstehe, dann wird der Verstand ruhig.
Krishnamurti, 16. März 1969, London

Akute Angst - eine verzerrte Wachheit in einem verzerrten Jetzt

Ein großer Adrenalinschub der uns überschwemmt, zwingt uns aus dem Verstand, in den Zustand einer hoch erregten - aber verzerrten - Wachheit. Natürlich wäre das erst gar nicht nötig, wenn wir nicht so sehr in unserem Verstand zentriert wären, sondern in unserem wahren Bewusstsein, das im Jetzt existiert. Ein ähnliches "Dilemma" haben wir bei der Emotion "Wut", von der wir positiv hervorheben könnten, dass sie große Kraft in uns mobilisiert. Die Ursache für Wut liegt aber in einem Gefühl der Ohnmacht. Würden wir uns nicht ohnmächtig fühlen, bräuchten wir nicht die Wut, um aus der Ohnmacht auszubrechen. Würden wir nicht im Verstand feststecken, bräuchten wir nicht die Angst um uns "aufzuwecken" und uns - wie physischer Schmerz - zu sagen, dass dieser Zustand nicht gut ist.

Emotionen, im Gegensatz zu wahren Gefühlen, sind für uns Menschen sinnvoll, in dem Sinne wie auch Stützräder am Fahrrad sinnvoll sind. Noch brauchen wir unkontrollierte Emotionsausbrüche und Hormonausschüttungen, um uns zweifelhafte Superkräfte zu verleihen, die gar keine sind.

Ähnlich wie man spirituelle Erfahrungen anhand von Drogen wie LSD nachahmen kann (aber nur kurzfristig, verzerrt, und gesundheitsschädigend), so ist auch Adrenalin ein chemischer Cocktail der unser Bewusstsein verändert. Dazu gehören Effekte wie Zeitverzerrung (Zeitlupeneffekt), visuelle Verzerrung und Tunnelblick, selektives Hören, verringerte Schmerzwahrnehmung, große Emotionalität, oder im Gegenteil, völlige Emotionslosigkeit, und andere seltsame Effekte (Q). Die Frage ist: können wir auf natürliche Weise spirituell so erwachen, sodass dieser Alarm-Wecker nicht mehr nötig ist / nicht mehr existieren kann?

Kontrolle loslassen - echtes Bewusstsein hereinlassen

Angst hat viel damit zu tun, wie weit wir uns dem Fluss des Lebens anvertrauen, ohne die krampfhafte Kontrolle vom Verstand, aber trotzdem - oder gerade dadurch - "hellwach" im Bewusstsein. Das fällt uns sehr schwer. Eckhart Tolle charakterisiert nicht von ungefähr die "paradiesische Ära" als einen Zustand, in dem wir nicht vom Verstand dominiert waren. Man könnte sagen es liegt in der Natur des alltäglichen Lebens, für den Verstand nicht kontrollierbar zu sein. Er muss daran scheitern, und reagiert darauf.

Banal, und doch wahr:

Vertrauen ist das Ende jeder Angst. Angst ist das Zeichen,
dass ihr nicht im Formlosen verwurzelt seid. 
- Eckhart Tolle 

Angst kann nur auftreten, wenn zwischen uns und dem uns Ängstigenden eine Schlucht liegt, eine Trennung herrscht. Zumeist ist es eine Trennung von der eigenen Erfahrung und vom eigenen inneren Wissen. Angst entsteht durch Misstrauen. Misstrauen entsteht durch Entfremdung. Entfremdung entsteht durch Trennung - von uns selbst
- Sabine Wolf (Q)

Angst ist ein Gradmesser für die Getrenntheit von uns selbst, während Liebe ein Gradmesser für die Einheit mit uns selbst ist. Das eine existiert NUR im Verstand, das andere NIE im Verstand. Wir sehen eine entfremdete Welt um uns, die uns Angst macht, aber an der Wurzel liegt die Entfremdung zu uns selbst. Oft verwendet unser Ego-Selbst Angst als Baumaterial für Mauern, damit  es sich nicht zu verändern braucht.

Wenn der Verstand nicht mitkommt ... das Jetzt tut sich auf

Von solchen und ähnlichen Erfahrungen können einige berichten:
einmal fuhr ich im Auto auf der Landstraße mit locker hundert km/h. Plötzlich bog jemand viel zu knapp vor mir in meine Spur ein. Der Unfall stand bevor! Eigentlich sollte das ein Schockmoment sein. Was dann kam war aber seltsam. Ich handelte ganz automatisch, ohne zu denken, ohne jede Angst oder Schrecken, und tat dabei einfach das was nötig war, um Schaden zu vermeiden. Und das mit höchster Effizienz, und einer vollkommenen, "unpassenden" Gelassenheit.

So eine Freiheit von Verstand und Emotionen kann vorkommen, wenn etwas so schnell geschieht, dass der Verstand nicht beteiligt ist (das hat nichts mit einem Schock zu tun, ganz im Gegenteil)

Viele kennen das, aber wird die Tragweite erkannt? Es ist ein Vorgeschmack auf "Handeln im Jetzt". Bisher erleben wir das nur ganz selten. Und klarerweise können wir nicht einfach darauf hoffen, vor Schrecken die Erleuchtung zu erfahren (obwohl anscheinend sogar das passieren kann: Maharshi). Aber wir können davon ausgehen, dass sich in dieser Zeit des Bewusstseinswandels solche Momente der Klarheit mehr und mehr häufen werden. Eine Bekannte von mir z.B. berichtet, dass sie auch diesen Zustand erfuhr, aber bei ihr war keine derart "plötzliche" Gefahrensituation nötig (wenn auch trotzdem eine Ausnahmesituation). Auch ihr kam das im Nachhinein sehr seltsam vor, augenblicklich intuitiv "richtig" zu handeln, ohne zu denken.

Krishnamurti spricht darüber in vielen seiner Vorträge, und nennt es "right action". Eigentlich nennt er es nur "action", weil es kein dualistisches Handeln ist. "Richtig" und "falsch" gibt es ja auch nur in der linearen Zeit, als Produkt des Verstandes. Meist haben wir keinen direkten Kontakt zum Jetzt. Denn davon kommt bei uns nur ein mentales Konstrukt an. Alles was wir wahrnehmen, übersetzen wir sofort in Konzepte, Interpretationen und Wörter, und wir haben dadurch nie echte Berührung mit dem Meer aus Bewusstsein um uns. Es ist eine Eigenschaft des Verstandes, unweigerlich eine Trennung und Distanz zu dem zu erzeugen, was er analysiert (er unterteilt alles, so auch Beobachter und Beobachtetes).

Gelangen wir aber irgendwie in unser unkonditioniertes Bewusstsein, entsteht auf einmal ein direkter Kontakt, ein Einssein mit der Situation. In diesem Zustand ist unser Handeln immer "richtig", weil es aus der Situation selbst heraus entsteht. Dieses "höhere Richtig" (das keinen Gegenpol hat), ist an keiner bestimmten Handlungsweise festzumachen. Denn was "richtig" ist, liegt ja nur an der Absicht unseres Bewusstseins. (Es könnte natürlich auch "richtig" sein, durch einen Unfall diese Welt zu verlassen, wenn das denn die Seelenabsicht sein sollte...) Im Jetzt sind wir aber synchron mit uns selbst, und dadurch gibt es auch keine Konflikte, und keine Ängste!

Im Jetzt löst sich die Trennung von Beobachter und Beobachtetem auf

Je mehr wir uns im Jetzt befinden, desto mehr verschmelzen wir selbst mit der Situation. Das hört sich abstrakt an, hat aber jeder schon erlebt, mal mehr, mal weniger, z.B. in ähnlichen Situationen wie ich sie oben geschildert habe, oder sei es bei einer ausgelassenen Polsterschlacht, was ja auch nichts anderes als eine dynamische Meditation ist.

Es ist wohl eine unserer größten Illusionen, dass Innenwelt und Aussenwelt getrennt wären:
"Das Phänomen von Beobachter und Beobachtetem ist nicht dual, sondern eine Einheit. Nur indem man diese Tatsache selbst erlebt, entsteht Freiheit von Konflikt. Die Frage, wie man diese Erfahrung herbeiführen kann, sollte man nicht stellen. Es muss passieren. Und es passiert nur durch Wachheit und passive Bewusstheit [kein Bewerten, Urteilen]. Du kannst nicht wissen wie es ist, auf eine giftige Schlange zu treffen, indem du darüber nachdenkst oder darüber spekulierst.
Krishnamurti
Wie man in ein reines Bewusstsein gelangt, das nicht aus der Vergangenheit konditioniert ist, dafür gibt es also kein System, keine Methode, keine Anleitung, keine Formel - denn das alles sind ja Dinge des Verstandes.
Nur wenn der Verstand sich seiner selbst und seiner Ignoranz und Ängste nicht bewusst ist, dann sucht er nach Methoden. Er hofft dann nur, dass ein System oder eine Methode seine Ängste und Sorgen auflösen wird. Methoden werden zu Gewohnheiten, und dann ist unser Geist wieder nicht lebendig. Ohne Urteil bewusst zu sein, und so die vielen Aktivitäten des Verstandes samt seiner Fülle, Nuancen, Täuschungen und Illusionen zu erkennen, das ist Intelligenz. Diese Bewusstheit selbst löst Ignoranz und Angst auf.
Krishnamurti
Was können wir tun? Hier stoßen wir natürlich wieder auf den Begriff Meditation - woraus wir ja leider auch meist eine Methode machen, wie es unserer Gewohnheit entspricht. Eine Auffassung von Meditation:
Alles was wir tun können, ist die Tätigkeit unseres Verstandes zu beobachten und zu verstehen - wie er denkt, fühlt, analysiert - das ist Meditation. Nur dann wird er völlig ruhig. Diese Stille kann durch Drogen hervorgerufen werden, durch Disziplin, durch Unterdrücken, aber das ist nicht Meditation. Das sind nur Tricks, und der Verstand ist dann nicht wirklich ruhig.
Krishnamurti

Mir fällt auf, dass wir uns manchmal verhalten wie programmierte Roboter. Anstatt dass unser Handeln "neu" aus dem Jetzt kommt, spulen sich in manchen Situationen unweigerlich abgespeicherte Verhaltensmuster ab (z.B. Verteidigungsreaktionen), bevor uns das überhaupt bewusst wird. Dadurch ist das Handeln eigentlich nicht Aktion, sondern Reaktion nach abgespeicherten Mustern. Ich beobachte das an mir sehr stark, aber es fällt mir immer erst im Nachhinein auf. Um diese eingefahrenen Konditionierungen aufzulösen, bräuchte es sehr große Aufmerksamkeit zum Zeitpunkt wo es passiert:
Nun, wenn du sagst "Ich weiss dass ich konditioniert bin", weisst du das dann wirklich, oder ist es nur ein Lippenbekenntnis? Weisst du es mit der selben Intensität mit der du eine giftige Kobra siehst? Wenn du sie siehst, dann ist da augenblickliches, gedankenfreies Handeln. Wenn da solche Intensität ist, dann ist keine Mühe mehr nötig, um die Konditionierung fallen zu lassen. Die Erkenntnis selbst bringt sofort Klarheit.
Krishnamurti

Und ähnliches über den Verstand, von Eckhart Tolle:
Zuerst muss man sich überhaupt bewusst sein, dass der Verstand andauernd Selbstgespräche führt. Nicht erst nach ein paar Stunden der Gedankenversunkenheit sagen: oh, da waren so viele Selbstgespräche. Um sich zu befreien, muss man wissen dass da Selbstgespräche sind, während sie passieren. Da muss ein Lichtblick von Bewusstheit sein, und von da ausgehend kann man sehen, dass man davon frei sein möchte, und dass das nicht wir sind.
Eckhart Tolle

Wie Angst auflösen? Eins sein mit der Angst - Ich bin die Angst

Jetzt kommt die wichtige Frage: Was tun, wenn ich merke, dass ich Angst habe? "Ich habe Angst" - in dieser Aussage liegt schon der Hinweis, dass wir Angst als etwas Fremdes, Externes sehen, das wir ablehnen. Um Angst aufzulösen, müssen wir sie annehmen. Das widerspricht natürlich völlig unserer Abwehrhaltung, weil wir sofort den Impuls haben, die Angst wegzustossen.

Die höchste Form der Annahme liegt in der Aussage "Ich bin diese Angst". Es sind ja wir, die in dem Moment die Frequenz "Angst" verkörpern.
Ich bin Angst. Das heisst nicht, dass ich mich mit der Angst identifiziere, aber diese Angst bin ich. Wenn ich mir dem bewusst bin, dann ist da totales Nicht-Handeln - und das ist das optimalste Handeln. Und da ist totale Freiheit von Angst.
 Krishnamurti
Etwas "tun" ist also nicht nötig, nur jeden Widerstand fallen lassen. Und Anschauen, Annehmen und Einatmen der Emotion, auch wenn das Mut erfordert. Eine weitere Formulierung der selben Erkenntnis:
"Du erlöst das Dunkel in deinem Leben, indem du einen kleinen Satz in seiner unermesslichen Tiefe und Kraft annimmst und zu deinem Lebensmantra machst.
Er lautet:
ICH BIN DU und DU BIST ICH." 
Sabine Wolf
Und Tobias:
Schmerz ist nur dann schmerzhaft, wenn da eine Reibung, ein Widerstand in dir besteht. Wenn Schmerz kommt, egal ob physisch oder emotional, versuche nicht davor wegzulaufen oder ihn loszuwerden. Frage die Energie warum sie hier ist. Sie wird dir etwas sagen. Sie wird dir eine Erkenntnis geben die wertvoll ist.
Ihr werdet einen Punkt erreichen, an dem euch Schmerz und Leid nicht mehr berühren wie früher, weil da weniger Widerstand in euch ist. Ihr akzeptiert die hellen wie auch die dunklen Aspekte.
Tobias: divine human series, shoud 1
Wenn wir Angst anschauen, ohne dabei zu denken, verschmelzen wir mit ihr (es existiert kein Beobachter und kein Beobachtetes mehr), und sie löst sich auf. Es lohnt sich, das alles in der Praxis auszuprobieren. Ansonsten bleiben es nur abstrakte Konzepte. Bei mir hat das schon wunderbar funktioniert, und die Emotion war dann so spurlos verschwunden, ich konnte sie beim besten Willen nicht wieder herbringen.

Der oben erwähnte Widerstand (und somit die Trennung von uns selbst), entsteht auch durch den Konflikt zwischen dem was IST und dem was unserer Meinung nach sein SOLL. Wir sind große Idealisten und Perfektionisten. Unser Ego ist so voll von Idealen die es vor sich herträgt, dass wir gar nicht mehr wissen wie wir wirklich sind. Ideale sind nur Illusion und Fiktion, und wir verwenden sie als Flucht vor dem was wir nicht anschauen wollen. Wir vergleichen, beurteilen, verurteilen und rechtfertigen immer. Gleichzeitig haben wir aber keine Ahnung, wie wir diese Ideale erreichen könnten - man kann eine Illusion nämlich nie verstehen. Wir können nur das anschauen was ist, und es dadurch auflösen.

Um zu verstehen was wirklich IST, muss das Ideal,
die selbst-projizierte Zukunft, beendet werden.
- Krishnamurti 

Es ist ausserdem spannend, dass scheinbar nicht nur psychischer, sondern auch physischer Schmerz im Verstand entsteht. Wenn das so ist, dann leuchtet es ein, wenn von Emotions-Freiheit und verringertem Schmerzempfinden in Ausnahmesituationen berichtet wird. Forscher suchen die Ursache auf körperlicher Ebene, während die tiefere Ursache die (wenn auch erzwungene) Verbindung mit dem Jetzt ist. Das erinnert an Legenden von schmerzfreien heiligen Märtyrern, und von Sufis, die ihren erleuchteten Zustand auf dem Nagelbrett liegend erproben.
Schmerz kommt vollständig aus dem Verstand. Er ist nicht im Körper, der weiss nichts von Schmerz. ... Er ist Kopfsache. Ihr werdet an einen Punkt kommen, an dem ihr erkennt, dass Schmerz weitestgehend ist eine Illusion ist.
Adamus

Das große Bild: Angst - die Urkraft aus der unsere Welt entstand

Um Angst besser zu verstehen, kann es auch sinnvoll sein, die menschliche Sphäre zu verlassen, und sich zu fragen, welche Rolle sie im großen Bild der Schöpfung einnimmt. Das ist eine Sichtweise, bei der wir Angst nicht so persönlich nehmen, und nicht als unsere Schwäche sehen. Wenn man dann erkennt, um welche grundlegende Kraft es geht, dann vermittelt das einen nahezu versöhnlichen Blick auf die Angst.

Wir könnten Angst und Liebe - von beidem haben wir als Menschen nur ein oberflächliches Verständnis - als die beiden Grundkräfte der Existenz sehen. Auch die Schöpfung kommt nicht ohne eine bremsende Kraft aus, so wie wir auch nicht Autofahren können ohne zu beschleunigen und zu bremsen. Nur dass wir im Falle der Schöpfung nicht von physischen Kräften sprechen, sondern von Bewusstseinsenergien. Dadurch dass sich die Geschwindigkeit von Bewusstsein verlangsamte, konnte Materie entstehen.
... Und dadurch ist Angst auch eine Kraft, mit der wir unsere Körper gebildet, unsere dichte Materie entwickelt und sogar unsere Welt erbaut haben ... Angst ist ein Freund Deiner absteigenden Evolution, den Du jetzt in Dankbarkeit entlassen darfst. ... Es geht nicht darum, Etwas loszuwerden, sondern von Herzen anzunehmen ... Angst ist jenes Minus gewesen, ohne das Plus nicht sein konnte.  
Sabine Wolf (Q)

Die Angst hat ihren Zweck erfüllt

Warum haben wir in unserer heutigen Zeit so viel Angst? Auf dieser Ebene betrachtet liegt das daran, dass wir jetzt bereit sind, uns dem Thema Angst, dieser bremsenden Energie, zu stellen, um sie anzunehmen und aufzulösen. Dadurch beginnt die "aufsteigende Evolution". Denn wir stehen genau am Wendepunkt unserer parabel-förmigen Reise aus Abstieg und Aufstieg.
Glaubt ihr wirklich, ANGST sei schlecht und LIEBE gut? Nein, gewiss nicht. ANGST ist die gewaltige Wurzelkraft, mit der ihr LIEBE auf dem Planeten Erde verankern konntet. Die Verankerung ist vollzogen, nun hat LIEBE die Erde durchdrungen. Ihr könnt das Werkzeug ANGST also entlassen, zurückgeben, es einfach ausatmen, denn es hat seinen Zweck erfüllt.
Sabine Wolf (Q)
Was passiert wenn wir das tun? Dann können anstelle von Angst mehr und mehr andere Kräfte treten:
Das Neue, was aufsteigt, wenn die Angst sich erlöst hat, ist KREATIVITÄT. Kreativität im Wachbewusstsein ist der Nachfolger von Angst im Unterbewusstsein.
Sabine Wolf
Krishnamurti meint ähnliches, wenn er sagt, dass wir zu einer ganz neuen Art von "kreativer Intelligenz" erwachen, die nur ohne Angst existieren kann:
Es kann keine Liebe und kreative Intelligenz geben, wenn da Angst in irgendeiner Form ist. ... Wenn man sich der Angst völlig bewusst ist, mit seinen Aktivitäten und Illusionen, dann wird diese Bewusstheit zur Flamme der Intelligenz. ... Kreative Intelligenz kann nicht gemessen werden, aber der Verstand sucht immer nach Definitionen, Beschreibungen und ist in der Illusion der Wörter gefangen.
Krishnamurti
Um das zu erreichen hilft reines Wissen nicht weiter. Wir müssten uns angewöhnen, mehr nach innen zu schauen um zu beobachten wie wir ticken. Wir müssen selbst zu Bewusstseinsforschern werden. Das kann ja auch Spaß machen. Zum Beispiel mit der Frage "Woher kommen eigentlich meine Gedanken?"