Seiten

Freitag, 4. September 2015

Was sind Gedanken V: über die Kometen im Kosmos unseres Bewusstseins und ihre Relativität


"Ihr wollt meditieren, aber kommt drauf: die Gedanken wandern davon. Aber wenn ich realisiere: ich bin der Gedanke …. gibt es dann soetwas wie davonwandernde Gedanken?" (J.K.) Ja, das muss man sich erstmal durch den Kopf gehen lassen! Wie kann etwas in uns selbst, uns davonwandern?? Und dann kommt man drauf: alles ist relativ! Nicht nur im äusseren Kosmos, sondern auch im "Kosmos unseres Bewusstseins". Was das bedeutet, darum geht es in diesem Artikel, in dem Spiritualität und Wissenschaft verschmelzen.

Im Universum ist alles relativ! Nehmen wir das Beispiel der Geschwindigkeit: sie existiert nur wenn ich 2 Dinge habe, die ich vergleiche! Wenn ich dasitze, habe ich die Geschwindigkeit 0, weil ich mich mit dem Boden vergleiche. Glaube ich zumindest. In Wahrheit dreht sich die Erde aber irrsinnig schnell und fliegt um die Sonne. Aber auch das ist nicht meine Geschwindigkeit, denn die Sonne bewegt sich mit uns wieder irrsinnig schnell um die Galaxie. Aber auch die Galaxie bewegt sich wieder im Galaxienhaufen! Und der bewegt sich wieder.... und so ist Geschwindigkeit nur ein willkürlicher Vergleich zwischen willkürlich gewählten Dingen.

Bewegung ist eine Illusion die durch Vergleichen entsteht.  

Aber egal was im Kosmos wimmelt, der Kosmos selbst ist immer in Ruhe! Und das ist das Prinzip von Meditation!

Zoomen wir jetzt eine Stufe heraus...: AWI - Alles was ist

Gemäß der "fraktalen" Natur des Seins trifft das auch auf die Gesamtheit der Existenz zu! Weil das Kleine sich im Großen spiegelt. Alles ist voller Leben und jeder saust herum und macht Erfahrungen, und sieht alles aus seiner Perspektive im großen Ganzen. Und trotzdem: für das "Alles Was Ist" (AWI) existiert keine Bewegung und keine Geschwindigkeit! Weil es alles ist, gibt es nichts mit dem es sich vergleichen könnte. Es gibt nichts, was es nicht ist! Ein bisschen so wie die Atome in einem Felsen herumschwirren, aber der Felsen selbst ruht.

Die Mystiker nannten Gott deshalb das Alles und Nichts (siehe z.B. dieser Artikel), und Aristoteles nannte es treffenderweise den "unbewegten Beweger".

Erst  wenn das AWI seinen Fokus auf einen Teil vom Ganzen lenkt, und plötzlich Dinge um sich herum wahrnimmt, dann existiert Bewegung. Dieser eingeschränkte Fokus wurde Seele genannt - ein Standpunkt, eine Perspektive - wie ein göttliches Ego durch das sich Gott selbst wahrnehmen kann. Die Schöpfung, das ist sozusagen die Fragmentierung im Geist Gottes (siehe vorige Beiträge).

Zoomen wir jetzt eine Stufe hinein...: der Mensch

Auch in unserem Bewusstsein wimmelt es. Deshalb kann man sich eine nette Analogie vorstellen: unser Bewusstsein ist wie ein weiter Kosmos in dem die Gedanken herumschwirren wie Kometen. Sie sausen in unterschiedliche Richtungen, und wir hüpfen von Komet zu Komet und lassen uns davontragen. Wir lassen die Gedanken schweifen, oft völlig unkontrolliert.

Jeder Gedanke mit dem wir uns identifizieren hat für uns sozusagen die Geschwindigkeit null, so wie die Erde für uns scheinbar ruht. Anders sieht es aus bei Gedanken die nicht im Einklang mit uns "dahinfliegen", z.B. eine Beleidigung, eine fremde Meinung, ein ablenkender oder schlimmer Gedanke. Das sind Dinge die auf uns zurasen oder sogar unser Selbstbild bedrohen. Und je stärker wir uns an Gedanken festklammern, desto heftiger ist die "Kollision", und dann sind wir verletzt. Manche Gedanken treffen uns wie ein Schlag.

Ich denke „ich will mich konzentrieren“ und sause auf diesem Gedanken-Komet. Da kommt ein anderer der lautet „ich muss noch Eier kaufen“. Ein Komet heisst „ich bin spät mit der Steuererklärung“. Da erscheint eine Nebelwolke namens Angst und ich denke "da lieber nicht lang" und sause in eine andere Richtung.

Und weil wir als "Ego-Menschen" selbst aus Gedanken bestehen, sind wir wie ein großer Kometenschwarm, der sich potentiell immer auf Kollisionskurs befindet.

Gedanken sind wie Gegenstände, und das heisst ja nichts anderes als Widerstand. Und so Leben wir zwangsläufig mit Kollisionen. Buddha drückte das in dem nicht sehr aufheiternden Satz aus: "Leben ist Leiden". Natürlich nur das Leben wie wir es kennen.

Und dann kommt die große Preisfrage die sich die Mystiker aller Zeitalter stellten:
Warum zum Kuckuck sind wir ein Kometenschwarm im Kosmos,
und nicht der Kosmos selbst?
Wir SIND ja der "Kosmos unseres Bewusstseins". Das sind doch WIR! Aber trotzdem haben wir uns über die Zeitalter so stark an die darin herumschwirrenden Dinge geklammert, dass wir vergessen haben dass wir mehr sind.

Aber trotzdem ist da immer diese Ganzheit in uns die immer ruht. Meditation stellt also die Frage: wie können wir wieder die Gesamtheit unseres Kosmos werden (was seinen Inhalt miteinschliesst!), anstatt nur bestimmte, ausgewählte Teile darin? Dann wäre Konflikt nicht mehr möglich - weil der Raum nicht mit Dingen kollidieren kann! Dann stehen wir "über den Dingen".

Wie die Spiritualität den Raum versteht...

Wenn du Eckhart Tolle kennst, dann weisst du wahrscheinlich auch, dass er regelmäßig das Wort "Raum" verwendet, wenn er Bewusstsein meint:
Wenn du viel denkst, dann fühlst du deine Präsenz nicht. Und wenn das Denken einmal stoppt, dann erscheint das was bleibt zunächst wie "nichts". Nur ein Raum, eine Weite. Aber in diesem Raum, der zuerst wie nichts - und definitiv nicht interessant - erscheint, in diesem Raum beginnst du eine Tiefe und einen Frieden zu fühlen, und in dieser Leere ist mehr als man in Worte fassen könnte. - Eckhart Tolle (Q
Der "Stoff" des Raumes von dem wir hier sprechen ist Bewusstsein! Jetzt muss man natürlich das Wort "Raum" genauer verstehen. Wir haben ja jetzt auch schon "Raum". Und wir verstehen ihn für gewöhnlich als Distanz zwischen Dingen. Was sich aber mehr und mehr zeigt ist, dass der Raum selbst die wahre "Substanz des Seins" ist! Wenn wir zum Raum unseres Bewusstseins werden, dann hat das eine ganz andere Qualität als das was wir sonst unter Raum verstehen. Man könnte sagen, wir entwickeln uns langsam von "Distanz" zu "Substanz". Damit das besser verständlich wird, braucht man nur den äusseren Kosmos als Vergleich nehmen. David Bohm und Jiddu Krishnamurti sprachen darüber ausführlich.

... und wie sich das im Kosmos des Universums spiegelt

Bohm: "Es ist eine Berechnung die ich einmal gemacht habe: die moderne Physik besagt, dass leerer Raum voll von einer enormen Energie ist, die für uns noch unzugänglich ist. Die Leute nehmen diese Idee nicht sehr ernst, aber wenn man es berechnet, ist da eine praktisch unendliche Energie in jedem Punkt des Raumes."

Krishnamurti: "Es kam vor, da wachte ich in einem besonderen, meditativen Zustand auf, mit einem Gefühl von ungeheurer Energie. Das Gehirn war vollkommen leer, und dadurch war da eine unglaubliche Energie. So wie Sie den Raum beschreiben der unendliche Energie birgt - genau das fühlte ich. Denn da muss Leere sein, Nichts sein, für das Wahrnehmen von Wahrheit"

Bohm: "Ja, das ist der Punkt... das Wahrnehmen von Wahrheit ist das Wirken dieser Energie." (Q)
Das heißt, egal ob wir von der inneren oder der äußeren Realität sprechen, da ist eine zugrundeliegende Substanz, die viel mächtiger ist - das ist die "Wahrheit" jenseits der Dinge. Diese "Energie des Raumes" ist wahre Intelligenz, die wir durch Sammeln von Fakten nur imitieren. Und sie ist gleichbedeutend mit "Ganzheit", und wird zerstört durch Geteiltheit. Bohm bezeichnete unsere Realität einmal als die "herkömmliche Energie", und Wahrheit als eine "andere Art von Energie". Das gefällt mir gut, weil auch der spirituelle Lehrer Adamus für das neue Bewusstsein, in das wir uns hineinbewegen, bekannterweise den Begriff "new energy" geprägt hat.

Leere ist nötig für das Wahrnehmen von Wahrheit
(Emptiness is necessary for the perception of truth
)
J. Krishnamurti

Merkt ihr wie sich das Physische und das Psychische spiegeln? Mehr und mehr Menschen interessieren sich für die Idee, dass nicht nur die Gedanken wichtig sind, sondern vor allem der Raum des Bewusstseins in dem sie herumschwirren. Nach dem Motto: unser wahres Potential liegt "hinter", oder "zwischen" den Gedanken. Das was schon immer traditionelles Wissen der Mönche und Mystiker war, verbreitet sich heute auf breiter Front in Meditationskursen und der ganzen Schublade namens "Spiritualität".

Währenddessen stoßen Wissenschaftler auf die Erkenntnis, dass nicht nur die Materie Bedeutung hat, sondern dass der vermeintlich "leere Raum" gar nicht leer ist und mehr Energie in sich birgt als alle Dinge im Universums zusammen! (Q) - eine fundamentale Entdeckung! Und was für ein Zufall (*hüstel*)! Manche sprechen dabei von "Nullpunktenergie" oder "Vakuumenergie" - unglaubliche Energie ist im "Nichts" (="kein Ding") verborgen.

Das ist natürlich alles andere als intuitiv, für den Wissenschaftler genausowenig wie für jemanden der sich für Meditation interessiert. Wenn wir nicht denken, was bleibt denn dann übrig von uns? Nichts!? Deshalb ist da eine psychologische Barriere die uns daran hindert zu glauben, dass jenseits der Gedanken noch etwas ist. Es ist wie eine Schlucht, über die ein "Sprung des Vertrauens" nötig ist. Und so wie wir es als Gesellschaft noch nicht geschafft haben, den "Kosmos unseres Bewusstseins" zu erschliessen, so haben auch die Physiker und Ingenieure noch nicht herausgefunden, wie man an das Reservoir der Raumenergie herankommt - ein cm³ davon würde eine Zeit lang den Weltenergiebedarf decken heißt es. Aber auf beiden Fronten tut sich etwas.

Mit Achtsamkeit ist da plötzlich ein Raum.
With awareness, suddenly, there is a space.
- Eckhart Tolle

Hier mehr Beispiele, wie sich innerer und äußerer Kosmos spiegeln:

fortgesetzt im nächsten Teil!