Der Weltenbaum ist die alles verbindende "Weltenachse"
Bei Osiris habe ich schon die "Weltenachse" erwähnt, sozusagen die göttliche Wirbelsäule. Es ist im Grunde ein vereinfachter Weltenbaum ohne Äste, ein Symbol das verdeutlicht dass eine Verbindung besteht zwischen allen Ebenen der Schöpfung, von ganz oben nach ganz unten. Das nutzt z.B. der Schamane für seine Traumreisen. So wie auch mein Traumbewusstsein im Schlaf mit meinem Wachbewusstsein verbunden ist, denn die Trennung ist nur Illusion. Das bekannteste Symbol für die Weltenachse für uns ist der Maibaum, aber auch das christliche Kreuz, in dem sich die materielle und spirituelle Welt treffen, wird als Form der Weltenachse gesehen (Q).Der Kulturforschers A. Coomaraswamy sagte über die Weltenachse: "Dieser Pfeiler ist allgegenwärtig und führt durch jedes Wesen" (Q) wodurch Weltenachse und -baum praktisch identisch werden.
Die Weltenachse und Weltenbaum in Tempeln
Oft sieht man die Weltenachse als Pfeiler in Tempeln: im Zentrum von japanischen Tempeln steht der sogenannter „Herz-Pfeiler“ (shin no mihashira) als Symbol für den heiligen Baum.Auch im berühmten Zeus-Orakels in Dodona drehte sich alles um die Eiche (Q): Aus dem Rascheln der Blätter, aus aufgehängten Bronze-Glöckchenen, und dem Gurren der im Baum sitzenden Tauben interpretierten die Priester Zeus' Antworten auf die Fragen der Besucher. Dabei war der Baum wichtiger als das Gebäude - zuerst kam man mit heiligen Hainen ausm dann wurden Altäre beigefügt. Tempel wurden rund um Bäume gebaut, nicht etwa umgekehrt. In alten germanischen Sprachen waren die Worte für Tempel und Wald identisch, das althochdeutsche "haruc", wie Jokob Grimm anmerkt (Q).
Im Mythos der Argonauten wird das Holz der Zeus-Eiche im Schiff verbaut, in dem sie sich auf die Suche nach dem goldenen Vlies machen, das ebenso im Baum hängt (Bild rechts unten). Die Argo, die das schier unüberwindbare Felsentor der "Symplegaden", die Meerenge zwischen Diesseits und Jenseits, durchqueren muss, ist hier symbolisches Vehikel für eine spirituelle Reise durch den Weltenbaum - eine Reise anhand des Baumes, durch den Baum, zu einem Ziel im Baum. Dabei spricht die Zeus-Eiche im Schiff als höheres Bewusstsein zur Besatzung, weist den Weg und warnt vor Gefahren (Q,Q).
Dieses erwähnte "sushumha" ist aber nicht nur die Weltenachse, sondern gleichzeitig der Haupt-Energiekanal entlang unserer Wirbelsäule im Kundalini-Yoga (siehe etwa hier).
Die Kundalini-Energie ist unser Zweig des Weltenbaumes
Die Kundalinienergie ist unser Zweig des Weltenbaumes, der sich in uns fortsetzt und auf nichtmaterieller Ebene abbildet als verästelte Energiebahnen (Nadis), von denen der sushumha - in der Achse von Kronen- und Wurzelchakra - der wichtigste ist. Das ist etwa so als wäre unser Bewusstsein ein Blatt, in dem sich die ganze Baumform nocheinmal abbildet als feine Adern. Bei völliger Durchlässigkeit wäre demnach die optimale Anbindung an die kosmische Energie gegeben. Abbildungen der Kundalini, die als Schlange dargestellt wird, erinnern an den Weltenbaum im Paradies, um den sich die Schlange windet. Solange sie nicht fliessen kann, wartet sie zusammengekauert, so wie sie auch oft unter dem Weltenbaum an den Wurzeln dargestellt wird. Die Weltenachse ist die vielbeschworene "Mitte", in der wir mit dem Selbst in Übereinstimmung sind, während aber das Ego wie ein verrutschter Wirbel ist der die Energie abklemmt.Die Kundalini-Energie - der Weltenbaum in uns |
Die Analogie vom Zweig als Anbindung an die kosmische Energie findet man mehrere Male in der Bibel, z.B.: "Wenn die Wurzel des Baumes Gott geweiht ist, dann sind es auch die Zweige... Du hast jetzt Anteil am Saft aus der Wurzel des edlen Ölbaums... Und sei dir klar: Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich!" (Q) Den umgekehrten Fall gibt es auch, wenn es heisst, man soll authentisch nach den Worten der Weissagungen leben, sonst würde "Gott wegnehmen seinen Anteil am Baume des Lebens." (Q)
Die Weltenachse - von uns aus zur Einheit
Wenn wir von dieser "persönlichen" Weltenachse ausgehen, und den Weg zurückverfolgen durch den Weltenbaum bis zum Ursprung allen Seins, dann ist das wieder die "kosmische" Weltenachse. Diese Verbindung aller Bewusstseins-Stufen (Himmel) ist kinderleicht verständlich dargestellt in einem alten jüdischen Text, wo es heißt:"Wenn ein Mensch schläft, dann erzählt der Körper dem neshamah (Seele) was am Tag geschehen ist; der neshamah erzählt es dem nefesh (Geist), der nefesh dem Engel, der Engel dem cherub, und der cherub dem seraph, und der bringt es vor Gott" (Q)In dem Sinne gibt es so viele Weltenachsen wie es Lebewesen gibt.
Die Weltenachse in der Bibel
Die Idee der Weltenachse ist in der Genesis als Leiter beschrieben, die Jakob im Traum erschien (Gen 28,11). Auf dieser Leiter (die ursprüngliche Vorstellung war vermutlich die einer Tempeltreppe) sieht er "die Engel auf und ab gehen" (Q). Diese "Bewusstseins-Dynamik" wurde als die "Kette der Welten" (chain of worlds) erkannt, wobei sich jede Ebene aus der vorherigen entfaltet (Q). Gemäß der traditionellen jüdischen Auffassung war es "der Wille des unendlichen Lichtes (hebräisch: "Ohr"), sich auch in der tiefsten Ebene zu verkörpern, und die Engel, in Erfüllung dieses Wunsches, kanalisierten es in dieser Kette weiter" - und hier sind wir nun. Dass wir uns wieder unseren höheren Bewusstseinsschichten öffnen, wurde als das "Ebnen der Steige" umschrieben, und von Jesus in Aussicht gestellt ("auch ihr werdet den Himmel offen und die Engel auf und abgehen sehen").Die "Jakobsleiter" |
Analog dazu "vermittelt die buddhisitsche Kosmologie, dass wir entlang der "Großen Kette des Seins" aufsteigen müssen, wobei Gautama Buddha das Paradigma dieses Prozesses in unserem Zeitalter darstellt." (Q)
Das Herabsteigen des Buddha aus dem unserer Welt übergeordneten Himmel "Tavatimsa" Diese "Stiege" benutzte Buddha lt. den Mythen um höhere Welten zu besuchen, bzw. um besucht zu werden. |
mehr Bilder von der buddhistischen Engelstreppe
Diese Leiter führt natürlich auch bei den Buddhisten hinauf zurück in die Einheit:
Das uranfängliche Sein ("Adibuddha") hat sich aus sich selbst erschaffen, ist "selbst-emanierend", und existierte vor allem anderen. Es ist das uranfängliche Bewusstsein jenseits jeder Wahrnehmung, aus dem zuerst eine Anzahl an Gottheiten hervorging als Reflexionen oder Abbilder dieses Einen. Adibuddha ist eine Gottheit im emanistischen Sinne: alle buddhistischen Figuren sind Emanationen daraus. (Q)
Auch im Daoismus gibt es diese "Jakobsleiter": "Träume sind die Wanderungen der Seele durch alle neun Himmel." (Q)
Die Weltenachse im Weltenbaum-Diagramm
Wenn man unsere individuelle Weltenachse - von uns bis zur Einheit - im Weltenbaum einzeichnet, sieht das etwa so aus:eine Weltenachse im Weltenbaum |
Das Christus-Bewusstsein als Baum im Baum Die Schöpfung ist ein Fraktal |
Ich bin in meinem höheren Ich, dieses in seinem höheren Ich, usw.... Wenn Jesus sagt "Ich bin der Weg. Niemand kommt zum Vater denn durch mich", dann kann das auch gar nicht anders sein, denn es liegt in der Natur der Sache. Als Analogie: angenommen ich befinde mich in einem Traum, und ich möchte Richtung Seele, dann muss ich durch das Wachbewusstsein. Das eine entspringt dem jeweils Höheren, und ist im Höheren beinhaltet. Der Weltenbaum beschreibt ein System aus verschachtelten Bewusstseinszuständen - das habe ich schon einmal mit den russischen, verschachtelten Matroschka-Puppen beschrieben, noch bevor ich wusste was ein Weltenbaum sein soll - und das kommt nur wenige Absätze nach dem obigen Zitat so zum Ausdruck: "Eines Tages werdet ihr erkennen dass ich in meinem Vater bin, und ihr in mir." (Q)
Verschachteltes Bewusstsein... bis hinauf zur Einheit
Dass Jesus "zwischen" uns und der Einheit steht, kommt etwa auch hier zum Ausdruck: "Gott, von dem alle Dinge sind, und Jesus Christus, durch den alle Dinge sind." (Q) Es ist ein System in dem das Größere das Kleinere beinhaltet, und sich der Unterschied nur durch unsere eingeschränkte Wahrnehmung ergibt. Und alles ist umfasst in der absoluten Einheit. Der christliche Theologe und Prediger James Freeman Clarke schrieb im 19.Jht, und zitiert dabei Bibelstellen:Das Christentum lehrt von dem höchsten Sein, welches purer Geist ist, der "über allem, durch allem, und in allem" ist, "von dem, und durch den, und zu dem hin alle Dinge sind," und "in dem wir leben, uns bewegen, und unser Sein haben. (Q)Das heisst, wenn wir auch nochmal die Traumanalogie ins Gedächtnis rufen, dass wir, jetzt in diesem Moment, Christus sind, nur mit etlichen Filtern und Schablonen vorgeschalten, sodass wir das nicht erkennen. "Er" ist offenbar als eine der ersten Emanationen aus dem Einheitsbewusstsein hervorgegangen, und ist in dem Sinne "Sohn Gottes". Statt "Christus" kann man aber natürlich nach Belieben auch einen anderen Repräsentanten höherer Ebenen nehmen, Buddha, Krishna, oder wen auch immer. Auch im Buddhismus ist Sohn Gottes (dēvaputra) eine Bezeichnung für Wesen auf den höheren Ebenen, und in der Bibel ist von mehreren Söhnen Gottes die Rede. Wie immer werden "Familienverhältnisse" als Metapher für die Bewusstseinsstruktur verwendet.
Es ist interessant, dass die Aussage "Wir sind alle Gott" in spirituellen Kreisen zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist, die fast schon an Aussagekraft verloren hat, während die Aussage "Wir sind Christus" sich seltsam anhört.
Der Rausschmeisser dieses Artikels:
Auch die Reichsinsignien sind Weltenachse und Apfel
Apollo |
Weltenachse und Reichsapfel (Jupiter)
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