Freitag, 9. November 2012

Was ist Spiritualität?

In Diskussionen sehe ich, dass viele Menschen nicht so recht wissen, was das Wort "Spiritualität" eigentlich bedeutet. Es scheint ja in Verbindung zu stehen mit allerlei "Hokus Pokus" wie: Joga, alternative Medizin, Meditation, Heilsteinen, Engeln, die Aura reinigen, und was es sonst noch für Rituale gibt. Der Begriff scheint jedenfalls sehr schwammig. Der Einfachheit halber wird Spiritualität deshalb mit genau diesen äußeren Erscheinungsformen, sprich Ritualen und Praktiken, gleichgesetzt. Der klischeegerechte Esoteriker sieht dann zum Beispiel ungefähr so aus:
Esoteriker
die "gemeine" Esoterik als eine Sammlung aus Ritualen und Praktiken
Mit der einen oder anderen "Praktik" habe ich auch Erfahrung, mit anderen nicht. Und dagegen ist ja nichts einzuwenden. Und klar, das Spiel könnte ich auch anders spielen und einen (auch nicht klischee-freien) Finanzhai darstellen, mit Attributen wie: die neuesten Aktienkurse checken, im Anzug und Krawatte herumhetzen, Seminare besuchen, den Finanzexperten befragen, das Smartphone mit Geschäftsterminen füttern und nebenbei CNN gucken. Aber wenn es sowieso nur um austauschbare Tätigkeiten geht, ist dann der eine "besser" oder "erleuchteter" als der andere? Sicher nicht. Ob der eine oder andere einen erweiterten Blick auf die Welt mitbringt, sei also dahingestellt. Wir müssen deshalb ein, zwei Schritte zurück treten um zu sehen, was Spiritualität wirklich ausmacht.

Spiritualität bedeutet, dass Materie aus Bewusstsein entsteht, und nicht umgekehrt.

Das ist alles was es ist. Nicht mehr und nicht weniger. Alles andere ist nur eine Ableitung dieses Grundsatzes. Spiritualität ist jene Weltsicht die uns sagt, dass Bewusstsein die Grundlage allen Seins ist. Nur verwendet niemand die angestaubten Begriffe "Spirit" oder "Geist" (zumindest nicht auf Deutsch), sondern wir sprechen hier von Bewusstsein, und davon dass unser menschliches Bewusstsein in eine Welt aus Bewusstsein eingebettet ist - auch dann wenn sie uns wie "tote Materie" vorkommt (siehe Artikel Harald Lesch - von Materie und der "Provokation Bewusstsein"). 

Bewusstsein - das einzig wahre Fundament

Das spirituelle Weltbild verdeutlicht, dass Bewusstsein Materie erschafft, und nicht umgekehrt. "Spirituell" sein bedeutet, sich der Tatsache bewusst zu sein, dass Bewusstsein das Fundament jeder Existenz ist, und auch alles was wir um uns sehen eine Ausformung von Bewusstsein ist. Wir können also wirklich sagen, dass unser Leben ein gewaltiger, gemeinschaftlicher Traum der Menschheit ist, denn tatsächlich besteht im Prinzip kein Unterschied zwischen einem Traum den wir haben, und unserem Erleben im Wachbewusstsein - ausser dem Grad der Permanenz. Denn während ein Traum für uns sehr flüchtig ist, erscheint uns unser Wachbewusstsein so stabil und permanent, dass wir es als "die Realität" bezeichnen.

Als Menschen erleben wir so etwas wie einen Massentraum. Das Wort "Traum" soll aber nicht suggerieren, dass unser Leben deshalb weniger real wäre. Es soll verdeutlichen, dass auch unsere Wach-Welt eine gewaltige Kreation aus Bewusstsein ist. Und die Quelle dieser Welt werden wir nicht innerhalb unserer Welt finden können, so wie wir auch in einem Traum nicht herausfinden können, warum der Traum existiert. Wir könnten zwar den Beginn des Traumes "Urknall" nennen, würden damit aber trotzdem nichts erklären. Denn der Ursprung liegt nicht innerhalb des Systems das man gerade erfährt. Der Ursprung liegt einfach in einem höheren Bewusstseinszustand. Um den Traum als Illusion zu entlarven, ist es nötig "aufzuwachen". Auch hier gilt wieder:
"Realität" nennen wir immer jene Illusion, die wir noch nicht als Illusion durchschaut haben.  
Unsere Wachwelt ist natürlich ungleich "realer" als ein Traum den wir im Schlaf haben, in dem Sinne als dass unser Universum aus unvorstellbaren Energiemengen erschaffen ist, während wir nur das als Traum erinnern, was wir mit unserem menschlichen Verstand erfassen können. Und trotzdem ist das Prinzip das selbe. Das Universum ist sozusagen ein "Traum Gottes", sprich, eine Kreation aus einem höheren Bewusstseinszustand.

Unser Leben ist ein Traum

Es ist leicht zu erkennen, dass die spirituelle Sicht und die materielle Sicht entgegengesetzt sind - und das in vielerlei Hinsicht. Denn während die materielle Sichtweise vom toten "Nichts" hin zu toter Materie und in weiterer Folge zu bewussten Lebewesen führt (wobei dieser Entwicklungssprung nicht erklärt werden kann), führt die spirituelle Sichtweise von einem allumfassenden, bewussten "Alles" hin zu seinen unendlich vielfältigen Erscheinungsformen und Welten.

Wenn man die spirituelle Sichtweise eingenommen hat, dann ist auch leicht zu erkennen, dass der Begriff "Spiritualität" eigentlich unsinnig und unnötig ist, weil es nichts gibt was nicht "spirituell" wäre. Es gibt nichts was nicht aus dem "Stoff" Bewusstsein bestehen würde, und der verbohrteste Atheist und Skeptiker ist ein spirituelles Wesen, das eine menschliche Erfahrung macht. Wir brauchen den Begriff "Spiritualität" nur, um dieses Verständnis von der andern Sichtweise - der in der Materie und der linearen Zeit verhafteten Sichtweise - abzugrenzen. Wir sprechen also von Bewusstsein, und von der Tatsache, dass Bewusstsein das wahre Fundament jeder Daseinsform ist. Auch und gerade dann, wenn uns diese Daseinsform materiell erscheint.

Deshalb auch die Aussage:
Wir sind keine menschlichen Wesen die spirituelle Erfahrungen machen.
Wir sind spirituelle Wesen die gerade eine menschliche Erfahrung machen.
Es ist genau dieses Umdenken das den feinen Unterschied macht. Ansonsten sind "spirituelle Praktiken" nur wie Christbaumkugeln die man auf einen Tannenbaum dranhängt, ohne dass sich unser Verständnis verändert hätte. In diesem Umdenken zeigt sich das Prinzip "von dem intelligenten Einen hin bis zur Materie", anstatt "vom toten Nichts zu mehr Komplexität, Materie und Intelligenz".
Jeder Mensch ist gleichermaßen "spirituell".
Nur, manche sind sich dessen bewusst, manche nicht.

Unser Höheres Selbst miteinbeziehen

Wir erwachen aus unseren Träumen regelmäßig jeden Morgen. Und wir erwachen aus dem menschlichen Dasein regelmäßig am Ende unseres physischen Lebens, und lösen uns dann wieder aus dieser Massenillusion. Das Höhere Ich ("Vollseele") zu dem wir dann wieder erwachen, und unsere Beziehung zu unseren Inkarnationen ("Teilseelen") könnte man so darstellen:

Die Seele und ihre Inkarnationen
Ich habe dabei zum einfacheren Verständnis Inkarnationen gewählt mit denen jeder etwas anfangen kann, sprich verschiedene andere Inkarnationen in unser Universum. Tatsächlich ist das Universum aber nur eine von unendlich vielen Erlebniswelten die existieren, und viele von ihnen sind für unseren menschlichen Verstand völlig unvorstellbar. Denn nicht nur sind sie höherdimensional als unser Universum, sondern folgen auch ganz anderen "Naturgesetzen". Zur Verdeutlichung der möglichen Vielfalt sehen wir hier aber immerhin Inkarnationen als unterschiedliche Lebensformen (z.B. Tiere), in unterschiedliche Orte des Universums (andere Planeten), sowie als Menschen unterschiedlichster Ausrichtungen und Glaubenssysteme sowie Geschlecht.

Diese Darstellung ähnelt nicht zufällig der "Esoteriker"-Grafik weiter oben, und der Esoteriker findet sich auch noch einmal unter den aufgeführten Inkarnationen. Was wir hier haben ist also eine ähnliche Situation, aber "eine Stufe" höher betrachtet. Und wenn diese höhere Stufe nicht erfasst wird, bleibt von "Spiritualität" nur ein Haufen von aufgesetzten Ritualen und Praktiken ohne tieferes Verständnis.

Sich aus der Erdenmatrix lösen, Illusionen ablegen

Im Laufe einer Inkarnation haben wir die Möglichkeit, dass wir uns immer mehr an unser höheres Selbst erinnern und dadurch in dieses "hineinwachsen". Dass wir zu Lebzeiten - im Körper - unser ursprüngliches Vollbewusstsein wieder erreichen ist aber normalerweise nicht der Fall. Wir wissen aber zum Beispiel von Jesus, dass er in den letzten drei Jahren seines Erdenlebens genau das erreichte. Er hatte also auch als Mensch die Gesamtheit seines Seins verkörpert, und nicht nur einen bestimmten Aspekt davon. Und noch dazu ist dieses Vollbewusstsein von Jesus viel höher als das einer "durchschnittlichen Seele" die für gewöhnlich auf der Erde inkarniert. Das Christus-Bewusstsein, so die Bezeichnung für die Vollseele der Inkarnation "Jesus", wird unter die Erzengel eingereiht. Und nur so eine gewaltige Seele strahlt die nötige Energie aus, um so viele Menschen für Jahrtausende zu beindrucken, während eine "normale" Seele nur so viel Bewusstseinsenergie hat um eine handvoll Menschen zu berühren.

Die Vollseele - das ewige Ich auf einer höheren Ebene

Vielen Menschen ist es befremdlich, dass sie mehr sein sollen als sie momentan sind. Vor allem dann, wenn dieses Ich gar nicht dem dreidimensionalen Raum und der linearen Zeit unterliegt wie wir es kennen. Aber im Grunde ist es ja auch so, dass wir uns als Kind nicht vorstellen können, wie wir als Erwachsene sein werden. Und als Erwachsene können wir uns noch immer nicht vorstellen, wie es sein wird ein alter Greis oder eine alte Greisin zu sein. Deshalb ist es wichtig zu verstehen: die Vollseele, das sind wir selbst! Auch wenn wir es momentan nicht wissen. Aus unserer Sicht können wir sagen: die Vollseele, das sind wir in der Zukunft. Denn nach dem "Tod" (den es nicht wirklich gibt) wandert unser Bewusstsein durch die Astralebenen, löst sich dabei mehr und mehr von den noch vorhandenen einschränkenden Glaubensmustern, um dann wieder mit dem Vollbewusstsein zu verschmelzen. Und zu jedem Zeitpunkt sind wir "wir" :)
Vertraut ist uns immer das was wir gerade sind
Fremd ist uns das was wir noch nicht kennen gelernt haben
Das ist es was wir Bewusstseinserweiterung nennen. Mehr von uns selbst und der wahren Natur des Seins zu verstehen! Wir können alles sein was wir sein wollen. Und es ist nicht wichtig "esoterisch" zu sein. Jedenfalls nicht wichtiger als sonst etwas zu sein. Esoteriker haben eine besondere Selbstidentifikation mit Dingen die gemeinhin als spirituell bezeichnet werden, das ist alles. Aber jeder kann einen besonderen Draht haben zu seinem höheren Ich und zu tiefen Einsichten.

Die "gemeine" Esoterik: die Inbalance zum Licht

Was den Licht-und-Liebe-Esoteriker charakterisiert, erklärt Adamus ganz einfach: er ist geprägt von einem Ungleichgewicht zum Licht. Unser menschlicher Verstand ist gekennzeichnet durch unsere dualistische Denkweise, z.B. von der Einteilung in Gut und Böse (oder wenn wir so wollen in Licht und Dunkel). Und auch der Esoteriker hat diese Dualität nicht aufgelöst - er hat das Ungleichgewicht nur dorthin verschoben was er als "Gut" beurteilt. Unser wahres Seelenpotential wird aber erst dann frei, wenn wir beginnen uns über diese duale Sichtweise zu erheben: unser Potential schlummert genau in den Bereichen die wir momentan ablehnen und aus uns aussperren. Es reicht nicht aus, unseren Platz auf dem illusionären Spektrum der Dualität zu verschieben. Das ist keine Bewusstseinserweiterung, sondern bestenfalls eine Bewusstseinsverschiebung.

Unser Gut-Böse-Schema ist unser Werkzeug, mit dem wir unser Bewusstsein eingeschränkt haben. Denn jede Inkarnation ist nichts anderes als eine Bewusstseinsreduktion, und die ist nur dadurch möglich, dass wir entsprechend viele Anteile von uns selbst ablehnen. Unsere Überzeugtheit von dem Bösen in der Welt ist es, was uns am Aufwachen hindert. Dieses Spiel können wir im menschlichen Leben sogar weiterspielen, bis wir uns selbst und die Welt komplett ablehnen und uns folglich in schwerster Depression selbst wieder aus dieser Daseinsform verabschieden. Der durchschnittliche Mensch lebt aber gemeinhin in einem Zustand, in dem er sich gerade noch gut fühlt, und dabei der Meinung ist, genau er hätte die richtigen Überzeugungen, und die anderen liegen falsch mit ihrer Positionierung auf dem Beurteilungsspektrum von Richtig und Falsch, Gut und Böse.
Solange wir aber nicht begriffen haben, dass der gesamte Dimensionsraum, in dem sich alles abspielt göttlich ist, haben wir nichts dazugelernt.

Unser Leben ist eine Rolle auf der Bühne der Welt - ein Ausdruck unseres ewigen Ich

Was macht ein tieferes Verständnis über unsere Existenz aus? Es ist nicht bedeutend, in diesem Leben Esoteriker zu sein. Es ist bedeutend zu verstehen, dass wir eine ewige Seele sind, die sich in unterschiedlichsten Rollen selbst erfährt.  Und der "spirituelle" Mensch kann im vorigen Leben Atheist gewesen sein. Und das ist auch gar nicht unrealistisch, weil wir in unserem Vollbewusstsein Dinge aus allen Perspektiven  betrachten wollen. Denn nur so können wir auch unterschiedlichste Erfahrungen machen und das menschliche Dasein von allen Seiten beleuchten und auskosten. Wenn der "Spirituelle" den "Materialisten" ablehnt, lehnt er sich selbst ab. Irgendwo ist auch er selbst mit diesen  Überzeugungen inkarniert, und es gibt nichts was nicht "göttlich" wäre. Und solange wir Teile von uns ablehnen, "erwachen" wir auch nicht.
Wenn wir etwas im Aussen ablehnen, lehnen wir uns selbst ab.
Wachstum geschieht durch Akzeptanz

Wir sind Bewusstsein, das sich in verschiedenen Formen und Welten verkörpert und selbst verwirklicht. Diese Erkenntnis heißt Spiritualität.

Es gibt kein "bisschen spirituell"

Aus dem oben geschriebenen wird schon klar: es gibt keine "bisschen spirituelle" Weltsicht. Bewusstsein ist eigenständig und der Urgrund allen Seins oder eben nicht (eine Funktion der Neuronen?!). Bewusstsein kreiert Materie oder eben nicht. Es gibt kein Dazwischen. Ja, jemand kann ein bisschen räuchern, ein bisschen die jenseitigen Wesen befragen, ein bisschen Trinkwasser beleben und ein bisschen Reiki praktizieren. Aber hinter allen diesen Dingen steht die Voraussetzung, dass Bewusstsein der Materie vorausgeht.

Ich finde es ist deshalb Zeit für ein Plädoyer für eine konsequentere Auffassung des Begriffes Spiritualität und dessen was wir als spirituell beurteilen. Und eine ähnliche Situation haben wir beim Thema Religion. Sowohl der Begriff "spirituell" als auch "religiös" haben heutzutage wenig Kontur. Und so wie es weichgespülte pseudo-religiöse Menschen gibt, gibt es natürlich auch weichgespülte pseudo-spirituelle Menschen. Spiritualität ist dann eine Anreicherung ihres Lebens mit Dingen und Handlungsweisen die als spirituell gelten. Es ist ein oberflächlicher Anstrich. Spiritualität ist kein Hobby. Es ist die wahre Natur jeder Existenz.

Ein bisschen religiös ...

Menschen betrachten sich als christlich, weil sie Weihnachten feiern, weil sie als Kinder Religionsunterricht hatten, weil sie wichtige Lebensereignisse in der Kirche begehen, weil wir die kulturellen Unterschiede zwischen unserer christlichen Gesellschaft und anderen Gesellschaften wichtig finden, etc etc. Wir leben also in einer Gesellschaft, in der "christlich sein" ein wichtiger Teil unserer Identität und unseres Selbstverständnisses ist. Und das unabhängig davon ob jemand jemals einen Blick in die Bibel geworfen hat, geschweige denn sie dann deuten könnte. Wir werden in ein bestimmtes Milieu hineingeboren und machen das zu einem Teil unserer Person, oder auch nicht.

Die Religion ist heute für uns ein Attribut, das neben Attribute wie "Parlamentarische Demokratie", oder "freie Marktwirtschaft" gestellt wird, und wir akzeptieren es als eine gegebene Charaktereigenschaft der europäischen Welt. Und immer kommt der Hinweis auf die der Religion angeblich eigenen "Werte", auch wenn niemand so genau sagen kann, ob diese Werte in der Gesellschaft wegen, trotz oder unabhängig von Religion entstanden sind. Oder auf individueller Ebene betrachtet: mein Kegelverein, mein Parteibuch, mein Lieblings-Fußballclub, meine Konfession. In der Gesellschaft finden sich vor allem "Kultur-Christen", die sich an den über die Jahrhunderte entstandenen Bräuchen und Traditionen erfreuen, ohne ein Interesse an Religion zu haben.

Dadurch, dass sich die Menschen einen Gott zusammenreimten, der getrennt von uns, "irgendwo" existiert, haben wir unsere eigene Göttlichkeit in uns verleugnet. Und nachdem jede Spur der sich wiederholenden Inkarnationszyklen ebenso getilgt war, blieb im Monotheismus nichts mehr, was auf die ganz gewöhnliche Natur von Bewusstsein hindeutet: dass Bewusstsein sich in immer neuen Daseinsformen freudig ausdrückt, aber nie stirbt.