Cherubim |
Aber wie groß ist der Unterschied zwischen Polytheismus, ich nehme als Beispiel den Ägyptischen Glauben, und Monotheismus wirklich? Vielleicht gar nicht so groß wie man denkt!
Wenn man diese Liste der ägyptischen Götter anschaut, dann ist das ein richtiges Götterwirrwarr: über 60 Götter! Hier ein paar Highlights: Chenti-irti: Gott der Blinden und Augenkranken; Duamutef: Beschützer des Magens, Hapi: Gott der Nilflut; Amenemope: der Ackergott; Aha: die Beschützerin von Mutter und Kind; Herischef: Fruchtbarkeitsgott; Sched: der Retter vor wilden Tieren; Anhor: der Schutzgott der Soldaten; Hedj-hotep: Gott der Weberei; Ihi: Gott der Musik; Tjenemit: Göttin des Bieres; Seschat: Göttin der Schreib- und Rechenkunst; Nechbet: die Schutzgöttin der Pharaonen; Schesemu: Herr der Parfüm- und Salbenherstellung......
Das ist eben der "primitive Polytheismus" wie wir ihn kennen. Dazu muss man sagen, die Liste ist ganz schön aufgebläht: manchmal gibt es mehrere Bezeichnungen für den selben Gott, dann gibt es alleine 9 Sonnengötter (!), dann männliche und weibliche Versionen des selben Gottes, regionale Götter, viele Stiergötter etc... und Städte hatten oft eigene Schutzgötter. Ausserdem sind abstrakte Konzepte auf der Liste wie "Tenem: das Verschwinden", oder "Heh: die Endlosigkeit".... und sogar Menschen schaffen es auf die Liste der Götter, wenn sie berühmt sind, wie Imhotep der Pyramiden-Baumeister. Also kein Wunder dass die Götter-Liste so lang ist!
Wie auch immer, es scheint wie der reinste "Verehrungswahn". So etwas könnte es im Christentum nie geben!
Oder doch? Dazu hier die Liste der christlichen Schutzheiligen: da findet man:
Adelheid für die Augenkrankheiten, Sabinus beim Hochwasser; Margareta für die Mütter, Isidor für die Bauern, Adrian für die Soldaten, Blasius gegen wilde Tiere, Radegundis für die Weber, Cecilia für die Musik, Bonifatius für die Bierbrauer, Anatolius und Franz für die Mathematiker und Schrifsteller, Thomas für die Regierenden, und Maria Magdalena dient als Patronin der Parfümeure.... und so ziemlich jeder Ort hat einen eigenen Schutzheiligen, der hoffentlich aus dem Himmel seinen Segen spendet.
Ist es da nicht etwas, ähm, "scheinheilig", einmal von Monotheismus zu sprechen, das andere mal von Polytheismus? Nur weil man bei den Ägyptern jede jenseitige Wesenheit als einen "Gott" zählt? Sind die Heiligen nicht auch - zumindest jetzt nach ihrem Ableben - jenseitige Seelen/Wesenheiten die im Himmel angerufen werden? Da werden wohl unterschiedliche Maßstäbe angesetzt. Denn das Bedürfnis der Menschen, Helfer anzubeten, hat sich offensichtlich nicht sehr verändert! Es ist nur anders verpackt.
christliche Dreifaltigkeit + Maria |
Auch die Ägypter hatten verschiedene Bezeichnungen für Gottesaspekte, wie z.B. "Hu", was "der Ausspruch" bedeutet - laut der Wikipedia-Liste ist das der "Schöpfungsgott des gesprochenen Wortes" (erinnert das nicht an den uns vertrauten Bibelspruch: "am Anfang war das Wort"?)
Aber zählen wir weiter: die Erzengel Michael, Raphael und Gabriel wären für die Ägyptologen natürlich auch "Götter". Dann findet man z.B. die "Cherubim", die geflügelten Engelwesen die das Paradies versperren. Bei den Ägyptern hat eine ähnliche Aufgabe "Nehebkau, der Wächter über den Eingang zum Jenseits". Weiters bekannt sind aus der Bibel die Seraphim - ebenso geflügelte Engelwesen. Und einige "namenlose" Engel, die den Menschen erscheinen. Weiters die mysteriösen Nephilim, von Gottheiten gezeugte Mischwesen. Das treibt alles den Zähler hoch!
Thomas, Johannes und Lukas als geflügelte Tierwesen |
Und noch ein paar Vergleiche....
Die Ägypter kannten auch Kind-Gottheiten - die Christen haben dafür alles mit ihren himmlischen, pausbäckigen Kinderengeln verziert. Und natürlich das Jesuskind. Die Ägypter stellten Wesenheiten oft als Stier, Löwe, Falke etc. dar. Die Christen stellen u.a. die Evangelisten als geflügelte Tiere dar: Lukas als Stier, Johannes als Adler, Markus als Löwe (siehe das Bild rechts).Erzengel Luzifer |
Wenn die Ägyptologie aus dieser viele tausend Jahre langen Kultur 60 jenseitige Wesenheiten verzeichnet hat, dann kommt mir das gar nicht mehr viel vor! Und es ist eben nicht so, dass das alles "gleichrangige" Götter wären, sondern unterschiedlichste Wesen in der "Schöpfungs-Hierarchie".
1 Gott alleine macht anscheinend auch nicht glücklich
Erzengel Michael |
Fazit
Entsteht ein "polytheistisches Göttergewirr" nicht vor allem dann, wenn man ein fremdes religiöses System nicht versteht, wie das ägyptische? Der Einfachheit halber drückt man die Hierarchie dann einfach flach und hat dann unzählige Götter. Bei den Ägyptern ist "Gott" aber am ehesten Amun Ra, der (zumindest einige Zeitalter lang) nachweislich als monotheistischer, "alles durchdringender" Gott verstanden wurde, wie im Artikel Das Göttergewirr das keines ist - die Götter sind Eins behandelt. Auch der Hinduismus erklärt explizit, dass ihre Dreifaltigkeit Brahma-Vishnu-Shiva, samt allen anderen Gottheiten, Aspekte des EINEN sind! Ich finde alle Religionen spannend, und ich sehe viel lieber die Gemeinsamkeiten als die Unterschiede! Und oft sind es nur die selben Konzepte, anders verpackt..Polytheismus oder Monotheismus... es ist egal! Über die Religionen wachsen wir inzwischen hinaus. Wichtig ist für uns der nächste Schritt: dass wir uns SELBST als Gott erkennen! Das ist unsere wahre Aufgabe.