Warum? Ganz klar, weil dieses (zugegeben unschöne oder zumindest ungewohnte) Wort - also die Einzahl von Eltern - die Wörter verdrängt die eigentlich verwendet werden sollen... zumindest wenn es nach Wagandt ginge: Vater und Mutter. Denn bei diesen Wörtern kommen die Geschlechterrollen so wie sie sein sollen noch richtig zum Ausdruck - ohne die "Gleichmacherei" die Wagandt beim sächlichen Wort "Elter" befürchtet. Mann ist Mann, Frau ist Frau. "Wer nicht erkennt, wie krank das ist, kann an dieser Stelle mit den Hilfsmitteln die wir hier anbieten nicht gesunden", so Wagandt über das böse Wort.
Der erste Haken an dieser Kritik: die Wörter Vater und Mutter sind wohl kaum in Gefahr. Denn in den Formularen der Behörden (und darum geht es in dem von Wagandt genannten Beispiel) würde "Elter" bestenfalls als Ersatz für die Wörter "Erziehungsberechtiger" bzw. "Elternteil" dienen. Zwei juristisch-bürokratische Wörter, die ohnehin schon nichts von den Qualitäten der Wörter "Vater" und "Mutter" haben. Und so könnte man das Wort "Elter" eigentlich einfach als eine praktische, kürzere Alternative zu "Elternteil" auffassen. Der "Schaden" hielte sich also sehr in Grenzen. Und wenn eigentlich das Wort Elternteil ersetzt wird, warum kritisiert Alexander Wagandt nicht eben dieses überall verwendete Wort, das ja genauso die Geschlechter "gleichmacht"?
Das Wort Elternteil ist nämlich kaum besser. Auch gegen dieses Wort kann man sich leicht Argumente ausdenken: z.B. ist es generell nicht unbedingt schön, Menschen als "Teil" zu bezeichnen. Ich finde das ja angemessen wenn ich von Hähnchenteilen oder Ersatzteilen spreche. Wir sagen auch gerne "das Teil" wenn wir etwas lieber nicht mit dem genauen Namen nennen wollen. Und wir sagen verärgert "Das Teil ist hinüber" wenn der Videorekorder oder sonst etwas kaputt ist.
diverse Elternteile bei einem Sprechtag Quelle |
Es ist eine Kritik die man z.B. im englisch- und französischsprachigen Raum nie erleben wird. Warum? "Elter" ist da ganz normal: one parent bzw. un parent.
Z.B.:
engl.:
"How to be a better parent"
dts.:
Wie man ein besserer Elternteil wird. Oder:
Wie man ein(e) bessere(r) Mutter oder Vater wird.
Auf deutsch hat man die Wahl zwischen hässlich und umständlich. Und der Englischsprechende wiederum würde sich an den Kopf greifen, dürfte er nur mehr parents part sagen.
Die schlimmste Gleichmacherei betreiben aber die Spanier. Festhalten: Eltern nennt man dort einfach "Väter". Wenn das nicht die Höchstform der sprachlichen Diskriminierung ist, dann weiss ich es auch nicht :)) Stichwort generisches Maskulinum.
Vater: el padre
Eltern: los padres
Das Problem liegt also nur in einer kleinen Unzulänglichkeit der deutschen Sprache, in der die Einzahl "Elter" nicht üblich ist. Und man muss keine böswilligen gesellschaftspolitischen Absichten hineininterpretieren, wenn es mal jemand verwendet. Wir sind traditionell allergisch auf das Unbekannte, und traditionell blind für das was schon immer da war, das ist alles. Aber wer sucht, der wird immer finden. Und Alexander Wagandt sucht oft sehr genau nach dem was er finden will, um einen bestimmten gesellschaftspolitischen Standpunkt zu vertreten.
Und es geht mir nicht um irgendein Wort. Es könnte mir nicht gleichgültiger sein. Es geht mir um die übliche konservative Auffassung derzufolge man nichts verändern darf, und alles so bleiben muss wie es schon immer war. Und das gilt nicht zuletzt bei der Sprache und bei Geschlechterrollen. Und wenn beides zusammenkommt brennt sowieso der Hut. Weil jede Veränderung bäh ist und den Untergang des "Abendlandes" einläutet, und weil unsere "Werte verfallen" (wie ich diese Floskel liebe....)
Interessant auch die Diskussion um die Überraschungseier für Mädchen, (an der selben Stelle des Videos), die laut Zeitungsberichten für ihre stereotypen und "sexualisierenden" Figuren kritisiert wurden.
Ich kann nachvollziehen, wenn jemand diese Gestalt mit den orthopädischen Auffälligkeiten kritisiert. Anscheinend hat sich Ferrero von japanischen Manga-Pornos inspirieren lassen (nicht dass ich mich da auskennen würde...). Aber für Kleinkinder? Ich hätte vielleicht auch gewisse Bedenken, meine kleine Tochter mit solchen Darstellungen zu umgeben (wobei ich aber nicht wirklich Elter bin. Entschuldigung, Vater natürlich...).
Dazu muss ich sagen: ich bin voreinganommen. Links zu sehen ist He-Man. Die beste aller Actionfiguren der 80er Jahre, und ich und meine Freunde haben ihn geliebt. Wie man sieht war das mit Spielzeugherstellern und Proportionen schon immer so eine Sache. Und vielleicht sollte ich auch deshalb tolerant sein - denn aus eigener Erfahrung würde ich behaupten, dass negative Auswirkungen eher unwahrscheinlich sind. Trotzdem kann ich Kritik verstehen.
Wie sieht das jetzt bei Bewusst-TV aus? Eigentlich zeigt man die fragliche Feen-Figur gar nicht, sondern einfach nur das verpackte, rosa markierte Mädchen-Ü-Ei. Aber der Fall ist für Wagandt ohnehin wieder klar: die kritisierenden "Feministinnen" wollen die Geschlechter gleichmachen! Wieder wird daraus eine politische Angelegenheit. Auch Jo Conrad beklagt zu dem Thema: "Es soll ja keine Geschlechter mehr geben..." Und rosa sei doch nichts Schlimmes, und wenn es Hundefutter für Pekinesen und Schäferhunde gibt, dann kann es erst recht Spielzeug für Mädchen und Jungs geben.
Aber treffen die beiden da den Kern der Kritik? Glaube ich nicht.
Es bestreitet doch niemand dass es Spielzeug für Mädchen und Jungs geben soll. Es ist aber auch klar, dass jeder Mensch mehr ist, als manchmal in klischeehaften Rollenbildern den Kindern vermittelt wird. Durch Rollenbilder bewahrt die Gesellschaft das "traditionelle" und "bewährte", und lenkt Menschen in die bestehenden, erlaubten Bahnen. Ich stelle die Frage: was bleibt eigentlich übrig wenn Rollenbilder und Klischees aufgelöst werden? In Wahrheit bleibt einfach das unendliche Entfaltungspotential, das sowieso schon immer da war und immer da sein wird, und das jeder einzelne für sich im Leben ergründen kann und muss. Vorgegebene Rollenbilder können eigentlich nie etwas zufügen. Sie können nur einschränken.
Das sehen manche anders, und klammern sich an bestehende Konventionen, als würde ohne diese alles ins undefinierte Nichts stürzen. Konventionen bieten Sicherheit und simple Schubladen für jene die meinen, sonst nichts mehr auseinander halten zu können. Wo die einen mehr Entfaltungsmöglichkeiten anstreben (vielleicht ein mal ein Mädchenspielzeug das nicht rosa ist?), befürchten die anderen den Verlust der mickrigen wenigen Möglichkeiten die sie kennen.
Die einen meinen: "Lösen wir 2 eingefahrene Geschlechterrollen auf, zugunsten der individuellen Freiheit des Einzelnen. Damit nicht jeder neue Mensch in eine vorgefertigte Form gepresst wird" - aus 2 werden alle beliebigen Möglichkeiten an Interessen, Charaktereigenschaften, Entfaltungsmöglichkeiten, kreativen Betätigunsfeldern, ....
Die anderen meinen darauf: "Rüttelt nicht an den Geschlechterrollen! Die Geschlechter müssen klar getrennt und definiert sein. Ihr wollt alles gleichmachen, ihr wollt den Einheitsmenschen!" - denn die Angst und Befürchtung lautet: aus 2 mach 1.
Wenn man etwas derart missversteht, dann ist es kein Wunder dass Diskussionen vorprogrammiert sind.