Tadaaaa!
Ich finde es ist gut geworden. Es ist ein schönes Zeichen! Ein kleines Geschenk der Forscher-Gemeinde an die religiöse Gemeinde. Eine nette Geste zwischen den schier unvereinbaren Bereichen Religion und Wissenschaft. Denn was die Religion nicht schafft, das schafft die Wissenschaft! Man kann die Schriften lesen, kann nach innerer Erkenntnis suchen, kann sich anschauen was Jesus angeblich sagte.... aber was bringt das alles, wenn man nicht weiss wie Jesus aussah! Aber da, die Hand wird gereicht! Eine wunderbare Symbiose. Ein Präsent, mit dem man sich nach aller Unstimmigkeit dann doch versöhnt. Wie schon damals bei den alten Griechen, als sie den Trojanern dieses Holzpferd.... ok schlechtes Beispiel.
Jesus wird endlich nahbar! Der weise Blick. Die Augen, hinter denen sich das Wissen aller Welt verbirgt. Der Mund, der so viel Wahrheit sprach. Ich kann mir jetzt richtig lebendig vorstellen, wie er dann wieder Richtung Tempel geht, laut "Uga! Uga!" ruft und einen Tisch umwirft.
Gut, es schaut ein bisschen aus wie ein polizeiliches Verbrecherfoto, aber vielleicht war das ja als er gerade von den Römern verhaftet wurde. Die Verzweiflung darüber, dass er von einem Freund verraten wurde, steht ihm ja offensichtlich noch im Gesicht.
Unverfälschte Ergebnisse dank der wissenschaftlichen Methode
Die Arbeit der beteiligten Forscher muss man auf jeden Fall zu würdigen wissen. So eine Rekonstruktion ist nämlich eine knifflige Sache. Es ist eine neuartige Methode der "forensischen Anthropologie". Anhand nur von Totenschädeln kann man heute die Gesichter wieder nachbilden, indem man das ganze Gewebe nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wieder dranmacht. Dazu hat man natürlich eine riesige Menge an Daten zur Verfügung, aus verschiedensten Disziplinen die relevant sind, wie Archäologie, Geographie, Medizin.... Man will ja auch nicht, dass sich unabsichtlich irgendwelche eigenen Interpretationen oder Vorurteile mit hineinschleichen. Das will man auf jeden Fall vermeiden!Wie damals, als das Klischee von den mega-dummen Neanderthalern entstand, die sich in der Höhle, und fast noch auf allen Vieren, mit der Keule gegenseitig auf den Kopf hauen. Also die personifizierte Dummheit und Primitivität. Inzwischen weiss man, dass dieses Klischee doch ein bisschen übertrieben war. Und so dachte sich das Forscherteam der BBC wohl: "Unbelegte Vorstellungen auf Knochen projizieren? Das passiert uns nicht noch mal!"
Konnte auch gar nicht passieren! Weil man ja gar keinen Schädel von Jesus hatte, an dem man sein Gesicht rekonstruieren hätte können! Aber das stellte sich als Glücksfall heraus, denn das gab den Wissenschaftlern die nötige Freiheit, um unbefangen wissenschaftlich arbeiten zu können. Man nahm einfach irgend einen Schädel aus der Zeit und Region von Jesus der gerade im Museums-Keller übrig war.
Über das Projekt habe ich erfahren :
The head of this unfamiliar Jesus was created by means of a scientific method employing medical, archaeological, geographical, artistic and forensic evidence from the time of Jesus himself. Quelle
Wow! "Artistic evidence"? Künstlerische Beweise. Ich würde gern wissen wie groß der Anteil dieser künstlerischen Beweise war.... Was damit genau gemeint ist, ist mir nicht ganz klar. Ich kenne nur "künstlerische Freiheit"? Oder hat man irgendwelche alten Abbildungen als Vorlage genommen?
Aber dann ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen! An irgendjemand hat mich der Gesichtsausdruck erinnert, und jetzt ist mir klar, wen man als Vorlage für Jesus genommen hat: die zwei Kumpel von Charlton Heston, nachdem man ihnen auf dem Planet der Affen das Gehirn herausoperiert hat!
Seht selbst und vergleicht:
Vielleicht war das ja die Idee? Die BBC beauftragte die Forscher, das Gesicht von Jesus zu rekonstruieren, und die stellten sich die Frage: "Hm. Wie könnte ein Mann aussehen, der kein Gehirn hat?" Und stießen dann auf den Film.
Jedenfalls fanden die Forscher offensichtlich erstaunliche Dinge heraus: anhand des untersuchten Schädels zeigte sich (vielleicht wegen einer Erkrankung der oberen Atemwege?), dass Jesus ein sogenannter mouthbreather war. Faszinierend! Und offensichtlich hatte Jesus auch einen Buckel, weil er den Kopf so weit nach vorne neigt! Das war wohl an seinem Schädel, der nicht sein Schädel war, irgendwie zu sehen. Vielleicht wollten die Forscher aber auch nur die große Bürde symbolisieren, die Jesus zu tragen hatte, man weiss es nicht.
Die wissenschaftliche Methode ist schon was tolles, keine Frage! Frei von Subjektivität, frei von Spekulation, frei von Vorurteilen, ergebnisoffen. Vor allem wenn sie von unvoreingenommenen Menschen betrieben wird.
Illusionen müssen auch mal zerstört werden
Das ist jetzt also der wissenschaftliche Präzedenzfall, sozusagen. Die ernüchternde Wahrheit. Und es ist auch ganz verständlich, dass man nicht nur Jesus, sondern auch viele andere Berühmtheiten verfälscht und idealisiert dargestellt hat. Der Künstler soll dem Abgebildeten ja schmeicheln und ihn nicht unvorteilhaft abbilden. Muss man dann nicht auch andere Bildnisse neu und wissenschaflich hinterfragen? Die betörende Schönheit der Nofretete? Die gebieterische Pose des Caesar? Die nachdenkliche Erhabenheit des Archimedes? Der weise Blick des Pythagoras?Ich habe mich nicht lumpen lassen. Anhand von künstlerischen Beweisen ist es mir gelungen, weitere berühmte Persönlichkeiten zu rekonstruieren:
Julius Caesar falsch |
Julius Caesar richtig |
Archimedes falsch |
Archimedes richtig |
Pythagoras falsch |
Pythagoras richtig |
Nofretete falsch |
Nofretete richtig |
Natürlich ist das nicht alles 100% akkurat. Selbst bei aller wissenschaftlicher Sorgfalt bleibt ein bisschen Unsicherheit. Pythagoras zum Beispiel lebte vor 2.500 Jahren, also noch 500 Jahre vor Jesus. Rein rechnerisch gehe ich deshalb davon aus, dass sein Gesicht noch um ein Viertel dümmlicher war. Hoppla das war jetzt irgendwie ein blödes Wort. Sagen wir "vorzeitlicher". Die Darstellung der Nofretete muss überhaupt ein Fantasieprodukt gewesen sein. Die starke Abweichung ist mir nicht erklärlich.
Ja, manchmal tut es weh, Illusionen zerstören zu müssen, aber Fakten sind Fakten, und die liegen nun mal auf dem Tisch. Oder im Museums-Keller. Aber man sieht, was alles erreicht werden kann, wenn sich Spiritualität und Wissenschaft auf so wunderbare Weise begegnen.